Pipeline-Projekt: Wie der Öl-Konzern TOTAL in Ostafrika Natur, Klima und Menschenrechte bedroht
EACOP - East African Cruede Oil Pipeline: Das Pipeline-Projekt des französischen Ölkonzerns TOTAL (Hauptinvestor) von Uganda nach Tansania macht Schlagzeilen. Hier eine Zusammenstellung der wichtigsten Quellen und Auszüge daraus.
Das Projekt in Kürze:
- Bau einer 1443 km langen Pipeline von zwei Ölfeldern am Albertsee in Uganda bis zum Hafen Tanga in Tansania.
- Die Pipeline muss aufgrund der zähen Beschaffenheit des Öls beheizt werden – Kosten allein für die Pipeline ca. 4 Milliarden US$ – die Kosten für das Gesamtprojekt inklusive der Infrastruktur über 10 Mrd. US$.
- Errichtung der Bohrlöcher und technischer Infrastruktur (Straßen, Brücken) inklusive einer Raffinerie und eines gigantischen Flughafens
- Partner sind TotalEnergies (62%), die Uganda National Oil Company (15%), die Tanzania Petroleum Development Corporation (15%), and the China National Offshore Oil Corporation (8%). das Gesamtprojekt wird von TOTAL mit 10 Milliarden US$ veranschlagt – inklusive des Betriebs der Ölfelder.
- China betreibt das kleinere KINGFISHER-Feld und TOTAL das TILENGA-Feld dessen Bohrlöcher auch im Nationalparkt Murchison-Falls liegen.
- Tausende Menschen werden gerade umgesiedelt für den Bau der Bohrlöcher, der Raffinerie und der 30 m breiten Pipeline-Trasse. Die führt durch ökologisch sensible Bereiche, in Tansania sogar durch Nationalparks.
- Die beabsichtigte Öl-und Gasfördermenge wird umgerechnet zu CO2-Emissionen führen, die den bisherigen CO2-Fussabdruck der beiden Länder übersteigt.
Initiative Lieferkettengesetz zu EACOP:
„Der Ölgigant Total plant, in Uganda in großem Stil Öl zu fördern – mitten in einem hochsensiblen Ökosystem, zum Teil sogar in einem Nationalpark. Mit einer neuen Mega-Pipeline soll das Öl bis zur Küste Tansanias gebracht werden. Das Projekt verletzt die Menschenrechte der lokalen Bevölkerung. Es bedroht die einmalige Pflanzenwelt, darunter die Mangrovenwälder an der Küste. Und es ist eine Gefahr für die Tiere, die in dem Gebiet leben, darunter Schimpansen, Nilpferde und Elefanten. Mit einem starken EU-Lieferkettengesetz wäre das Projekt so nicht möglich.
Der Artikel behandelt die Themen: Die Pipeline-Pläne verletzen Menschenrechte / Ein massives Risiko für Flora, Fauna und Klima / Ein starkes Lieferkettengesetz muss Mensch, Umwelt und Klima schützen!
Ganzen Artikel lesen bei Initiative Lieferkettengesetz
ARTE-Doku zum Ölkonzern TOTAL
„Das System Total – Anatomie eines Energiekonzerns“ Der Film behandelt auch ganz aktuell die Pipeline Uganda/Tansania
VIDEO ARTE-Doku hier
Die Beschreibung der Sendung findet man noch hier.
Total ist einer der fünf „Big Oil“-Konzerne. Das Unternehmen verfügt über 1.000 Tochterfirmen und fördert in 130 Ländern Mineralöl und Gas. 2021 benannte es sich in TotalEnergies um und erhielt ein neues Firmenlogo. Doch wie wurde aus einem Mineralölkonzern ein Konzern für erneuerbare Energie? Kann TotalEnergies zu einem glaubhaften Akteur der Energiewende werden?
Widerstand gegen die Pipeline vor Ort
Das Projekt wird in Uganda und Tansania von Aktivisten vor Ort kritisiert und bekämpft. Von Beginn an (2006) beschäftigte sich die Website „Oil in Uganda“ damit. Die wird aber mittlerweile nicht mehr gepflegt. Die letzten Einträge sind von 2021. Eine aktuelle Seite, die den Widerstand gut dokumentiert ist hier:
Interaktive Doku-Website beim Tagesspiegel
Das Pipeline-Projekt ist auch im Focus der internationalen Klimaschutz-Bewegung. Der Berliner TAGESSPIEGEL hat dazu eine umfangreiche interaktive Website aufgesetzt mit insgesamt drei Beiträgen:
Längste beheizte Pipeline im Nationalpark
Was die TOTAL-Pläne für die Menschen bedeuten
Alle 3 Seiten gibt es auch in englischer Sprache.
GRÜNE MdB Kathrin Henneberger besucht Uganda
Die GRÜNE Bundestagsabgeornete Kathrin Henneberger startete am Dienstag 15.2.2023 zu einem Besuch nach Uganda mit dem Schwerpunkt EACOP-Projekt. Sie informiert darüber laufend über Twitter:
Am 22.1.2023 erschien dazu ein Gastbeitrag von ihr in der Frankfurter Rundschau: Lasst die Fossilen im Boden!
Heinrich Böll-Stiftung zu EACOP
Auf der Seite der Heinrich-Böll-Stiftung (Parteistiftung der GRÜNEN) ist ein Artikel, der einen guten und schnellen Überblick zu dem Projekt erlaubt. Dort stechen hervor die umfangreichen Quellenangeben und Links.
Artikel bei Heinrich Böll Stiftung
Zum Autor: Adrian Amann ist Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung und studiert Jura in Berlin. Während seines Auslandssemesters in Nairobi beschäftigte er sich intensiv mit der East African Crude Oil Pipeline.
Artikel zur Pipeline bei Spiegel-online (18.6.2022)
Klimafolgen des Megaprojekts »EACOP«: Die Pipeline, die Luisa Neubauer eine Terrorismusanzeige einbrachte Der Artikel ist leider hinter der Spiegel Paywall.
„In Ostafrika will der Ölkonzern Total die längste beheizte Rohölpipeline der Welt bauen. Fachleute warnen vor den Risiken, Aktivisten bekämpfen die Pläne – und nun sorgt das Vorhaben sogar in Deutschland für Wirbel.“
Berliner TAZ mit kritischem Artikel zu EACOP
von Ostafrika-Korrespondentin Simone Schlindwein (Kampala, Uganda), 21.2.2023:
„Lange Leitung –
Uganda wird zum Ölförderland und baut die umstrittene Exportpipeline EACOP – trotz massiven Protests von Klimaschützern. Dafür wird die lokale Bauernbevölkerung auf fragwürdige Weise umgesiedelt“
Artikel bei der TAZ lesen Der Artikel behandelt auch die zahlreichen staatlichen Übergriffe der ugandischen Behörden gegen Kritiker von EACOP.
Pro Pipeline in Berliner TAZ
Ein Beitrag, der das Projekt verteidigt erschien in der Berliner TAZ am 3.6.2022. Autor ist der afrikanische Journalist JOACHIM BUWEMBO, der in der TAZ regelmässig in der „KOLUMNE FERNSICHT“ schreibt. Er wird als „unabhängiger Journalist“ aus Kampala bezeichnet. Seine Kern-Argumente geben eins zu eins den Standpunkt der ugandischen Regierung wieder:
Tansania und Uganda hätten nicht so ein großes Problem, wenn die beiden Regierungen früher auf die Umwelt- und Klimakampagne aufmerksam geworden wäre. Denn diese Kampagne operiert mit Halbwahrheiten. Die Pipeline wird nicht, wie behauptet, durch den Victoriasee und durch geschützte Nationalparks führen. Umzusiedelnde Menschen werden entschädigt und neu angesiedelt. Und das Projekt dürfte Uganda und Tansania wirtschaftlich nützen. Es ist nicht einmal klar, woher die Kampagne gegen EACOP die Millionen Tonnen CO2 ermittelt hat, die die Pipeline ihrer Meinung nach ausstoßen wird.
Der vollständige Artikel in der TAZ
Ein weiterer Artikel von Joachim Buwembo in der TAZ („Die Öl-Romanze“) vom 22.1.2022 behandelt positiv die neue Freundschaft zwischen Uganda und Frankreich und schließt mit den Worten: „Das gemeinsame Bedürfnis, Ugandas Öl auf den Weltmarkt zu bringen, bevor die Klimaneutralität die globale Ölindustrie killt, lässt nun die beiden Länder ihr Kriegsbeil endgültig begraben.“ Er zitiert Präsident Museveni: „Ugandas Präsident Yoweri Museveni wirft den Europäern öffentlich vor, Afrika wie eine Kolonie zu behandeln.“
Siehe TAZ-Artikel hier.
Mein Kommentar zu Joachim Buwembo: Es ist ein Leichtes, aus der prognostizierten Ölfördermenge den dadurch verursachten CO²-Ausstoss zu ermitteln! Niemand der Gegner hatte behauptet, dass die Pipeline direkt durch den Victoria-See geführt wird. Die Streckenführung geht allerdings sehr nah am See vorbei und schneidet so über weite Strecken die dort vorhandenen SWAMP (Feucht)-Gebiete (siehe Karte ganz unten). Ein Leck in diesem Bereich würde unübersehbare Folgen für das empfindliche Ökosystem und den See selbst haben, die Fischrei der Einheimischen wäre stark gefährdet. Allein der Bau des 30m breiten Korridors birgt erhebliche Risiken. Die Pipeline durchquert in Tansania Teile von Nationalparks. Im ugandischen Nationalpark Murchison Falls wird sogar direkt im geschützten Gebiet das Öl gefördert. Siehe hierzu die umfangreiche Dokumentation des Berliner TAGESSPIEGEL oben und den von mir ergänzend beschrifteten Screenshot hier:
Bohrlöcher direkt im Nationalpark!
Ugandas Präsident MUSEVENI verteidigt das Projekt
Er kritisiert, daß der Widerstand gegen EACOP die Unterentwicklung seines Landes zementieren würde und daß so auch kein Umweltschutz gelingen könne. Er unterliegt dabei der Illusion, daß er TOTAL benutzt, um sein Land nach vorne zu bringen. In Wirklichkeit benutzt TOTAL Uganda. Hier ein Artikel von Museveni aus dem englischen Telegraph:
Museveni Behauptung über Wiederaufforstung stimmt nicht
Im Artikel des TELEGRAPH behauptet Museveni: „Our ambitious reforestation programme has already increased forest cover from nine per cent to 12.5 per cent in just five years, and aims to reach 24 per cent by 2040.“
Das steht im Widerspruch zum Bericht der Friedrich Ebert Stiftung über das Verhalten Ugandas auf dem Klimagipfel COP26 in Glasgow im November 2021: „On the third day of the summit, 105 countries signed an agreement to end and reverse deforestation by 2030, a pledge that was backed up by almost $19.2 billion of public and private funds. Uganda, however, did not sign this commitment, despite its increasing deforestation rate.“
Das Portal GLOBAL FOREST WATCH dokumentiert dies mit dieser Statistik über die fortdauernde Entwaldung in Uganda, die dazu führt, dass das Land bereits dadurch – also ohne Ölförderung – mehr CO2 emittiert.
Führt das Öl Uganda aus der Armut?
Uganda steht auf Platz 166 (von 191 Ländern) im UN-Human-Development-Index 2022. Andere Länder in Sub-Sahara-Afrika, die bereits seit langem auf Öl setzen, sind: Nigeria, Angola und DR-Kongo. Alle drei Länder verharren seither im Armutsindex dort, wo Uganda jetzt steht. Ölförderung und -export hat die breite Bevökerung nicht aus der Armut befreit. Im Gegenteil: Wie bereits in Uganda ist die Korruption extrem hoch und das liegt nicht zuletzt an den Petro-Dollars.
Ölkonzerne verlassen das verwüstete Nigeria – TOTAL verlagert nach Uganda
Dabei ist interessant zu wissen: TOTAL und andere große Ölkonzerne verlassen gerade das Öl-Land Nigeria, weil sie es durch ihre Ölbohrungen und Pipelines zugrunde gerichtet haben, siehe Artikel hier beim HANDELSBLATT – ( leider hinter Paywall)
Auszug HANDELSBLATT 27.1.2023:
Nachdem zuvor bereits die Ölförderer Exxon, Shell und Total einen Totalabzug oder Rückbau ihrer oft jahrzehntelangen Präsenz in dem westafrikanischen Ölstaat angekündigt hatten, überlegt laut Nachrichtenagentur Reuters auch die dort seit 30 Jahren aktive norwegische Ölfirma Equinor abzuwandern.
Das Unternehmen plane den Verkauf seines Anteils an einem Ölfeld vor der nigerianischen Küste. […] Offiziell erklären die meisten Konzerne ihren Abzug aus dem bevölkerungsreichsten Staat Afrikas damit, ihre Aufmerksamkeit künftig auf lukrativere Ölquellen in anderen Weltregionen legen zu wollen.
Aus der ugandischen Presse, Januar 2023:
Fotos mit Rechtsklick in neuem Tab öffnen, dann sind die Artikel lesbar zu vergrößern.
Um das Öl ins Ausland zu exportieren, braucht es eine Mega-Pipeline: die „East African Crude Oil Pipeline“ (EACOP). Sie ist mit über 1.400 km die weltweit längste jemals geplante beheizte Pipeline und soll das Öl zur Hafenstadt Tanga in Tansania transportieren. Das geförderte Rohöl ist so zäh, dass es nur erwärmt auf ca. 60°C durch die Pipeline gepumpt werden kann. Dafür sind extra Aufwärmstationen entlang der Trasse vorgesehen – zusätzlich zu den notwendigen Pumpstationen.