Uganda produziert zu 70% Robusta, und zwar rund um den Victoria-See. Die restlichen 30% sind Arabica, der kommt von den Bergregionen an der Grenze zu Kenia im Osten – und im Westen von den Ruwenzori-Bergev an der Grenze zum Kongo.
Meist wird auf kleinen Farmen zwischen 0,5 bis 3 Hektar Kaffee angebaut. 1,7 Millionen Farmer:innen erwirtschaften so die Grundlage für 25% der gesamten Exporteinnahmen des Landes. Insgesamt leben 4 bis 5 Millionen Ugander vom Kaffeeanbau und der Weiterverarbeitung.
Der Klimawandel hat die Krankheit „Coffee Wilt Desease“ befördert. Dadurch sind in Uganda vor einiger Zeit bis zu 50 % der Robusta-Bäume abgestorben. Nach einem umfangreichen Erneuerungs-Programm sind die neuen Pflanzen jetzt widerstandfähiger, aber es drohen andere Krankheiten.
Fotos aus der ugandischen Presse zeigen die Schäden an den Kaffeebäumen:
Klima-Ereignisse: El-Nino und Indian Ocean Dipole
Der El-Niño-Klima-Effekt wirkt sich besonders im Osten am Mount Elgon-Vulkanmassiv aus und bringt alle paar Jahre Starkregen, der zu Bergrutschen führt – zuletzt war das 2015. Der Effekt entsteht durch Erwärmung des pazifischen Oberflächenwassers vor Südamerika und wirkt sich auf den gesamten Pazifik aus. Auch die Kaffee-Regionen in Mittel- und Südamerika sind davon betroffen.
Ein anderes Subsystem des Klimawandels heißt „Indian-Ocean-Dipole“. Dabei erwärmt sich das Meer vor Ostafrika sehr stark. Die Verdunstung erzeugt Regenwolken, die mit teilweise verheerenden Folgen über ganz Ostafrika ziehen.
Die saisonale Verschiebung der Regenzeiten habe ich zur Jahreswende 2019/20 selbst erlebt. Die Exkursionen mit der Kaffee-Reisegruppe mussten wegen ungewöhnlich starkem Regen am frühen Nachmittag abgebrochen werden, damit wir wieder sicher nach Hause kamen.
Normalerweise endet ab Dezember die kleine Regenzeit, die Trockenzeit beginnt und ab März folgt die große Regenzeit. Doch die kleine Regenzeit ging direkt in die große Regenzeit über. Es wurden sogar die Ufer des Victoria-Sees überschwemmt. In beiden Arabica-Bergregionen gab es dramatische Überschwemmungen, die ganze Dörfer wegrissen.
Damit hängt auch die Heuschreckenplage zusammen, die Uganda und Kenia seit Frühjahr 2019 sehr in Mitleidenschaft gezogen hat und die bis heute (März 2021) bereits zwei Jahre anhält.
Auf der anderen Seite des Pazifiks wurde das Wasser kälter und hat zu weniger Niederschlag geführt. Dadurch entstanden die extremen Buschbrände in Australien, die 2020 wochenlang in der Tagesschau zu sehen waren.
Landgrabbing für eine Robusta-Kaffeeplantage durch deutschen Rohkaffeehändler
2001 stellte der ugandische Staat unter Federführung seiner „Investment-Authority“ (Investment-Behörde im Rang eines Ministeriums) der Neumann-Gruppe ein 2400 Hektar großes Gelände nördlich der Kleinstadt Mubende in Zentral-Uganda zur Verfügung, um eine Robusta-Plantage aufzubauen. Zur Vertreibung der ansässigen Menschen wurden Armee- und Polizeikräfte eingesetzt.
Dabei wurden ca. 2000 einheimische Farmer mit ihren Familien gewaltsam vertrieben, die jetzt unter schlechten Bedingungen um die Plantage herum ihr Leben fristen müssen. Sie klagen auf Entschädigung – der Prozess wurde jahrelang verschleppt und dauert noch immer an.
Die Organisation FIAN setzt sich seit Jahren für die Rechte der Vertriebenen ein.
FIAN Seite zum Fall Neumann/Mubende/Kaweri
Der Journalist und Filmemacher Michael Enger begleitete diese Arbeit regelmäßig und geriet deshalb auch schon in das juristische Visier der Neumann-Gruppe.
Carbonhandel: Bäume pflanzen, Bauern verdrängen – Deutscher Investor GLOBAL WOODS
Unter der obigen Überschrift beleuchtet SPIEGEL-online ein Aufforstungsprojekt in Uganda, das ganz nach dem Muster des unsäglichen Carbonhandels angelegt ist, bei dem CO2-Einsparung und Klimaschutz auf Kosten indigener Bevölkerungen realisiert wird.
SPIEGEL-online vom 9.12.2015:
„Lawrence Kamonyo weiß nicht, was Klimaschutz ist. Der afrikanische Kuhhirte kennt weder das Zwei-Grad-Ziel noch den Emissionshandel. Er hat noch nie einen Flug gebucht, einen Kühlschrank besessen oder einen SUV gefahren. Lawrence Kamonyo lebt in einem bescheidenen Haus im Busch im Nordwesten von Uganda, einem der ärmsten Länder der Welt. Sein Pech, dass sein Stück Land für den Klimaschutz ausgewählt wurde. Und wenn es in Uganda um Land geht, wird nicht lange gefackelt. Das Haus der Familie Kamonyo wurde abgebrannt, seine Kinder hat man geschlagen, er selbst wurde festgenommen.“
Zum Spiegel-Artikel mit Bilderstrecke. Aus Hoima in Uganda berichtet Susanne Götze
Landgrabbing auf Ssese-Islands, eine Inselgruppe im Victoria-See
Die NGO „Friends of the Earth“ beschäftigt sich seit langem mit der Vertreibung von Farmern in Uganda, die den Projekten internationaler Agrar-Investoren im Wege sind. Das wurde vom englischen GUARDIAN in einem längeren Bericht aufgegriffen.
Es geht um eine Palmöl-Plantage, die 2002 errichtet wurde. Sogar die Weltbank habe sich vor Jahren bereits von dem Projekt distanziert, weil die sozialen und humanitären Kriterien nicht eingehalten würden. Das Palmöl-Projekt auf den Ssese-Islands (Kalangala) hat dennoch die Unterstützung des Internationalen Agrarfonds der Vereinten Nationen (UN’s International Fund for Agricultural Development – Ifad). Die Farmer wehren sich gegen die erfolgte Erweiterung der Plantage ohne ausreichende und versprochene Kompensation.
Im Bericht von Friends of the Earth wird u.a. beklagt:
- Illegale Vertreibung der Farmer
- Rodung von 3600 ha Wald, der ansonsten als CO2-Senke dienen könnte – darin eingeschlossen sogar 100 ha eigentlich geschützter Flächen (Forest Reserve)
- Zerstörung und Unbrauchbarmachung der Wasserressourcen für viele Bewohner
- Hunger und Nahrungsmittel-Unsicherheit durch Entwendung der Flächen für Subsistenzwirtschaft
- Beginn von Landspekulationen reicher Ugander in Erwartung weiterer Investoren
Artikel im englischen GUARDIAN vom 3.3.2015
Streiflichter – alle Fotos und Infos: Alex Kunkel 2007, Uganda
So lebt die Bevölkerung in Uganda
Ernährung
Die „Workers“ auf einer Farm sitzen in der Nähe ihrer Unterkunft und kochen Matoke. Das ist ein Brei aus der Kochbanane, dem Grundnahrungsmittel in Uganda und anderen afrikanischen Ländern. Dazu rösten sie Maiskolben am Feuer.
Matoke muss mit dem Messer geschält werden, anders als die Süß-Banane, die wir kennen. Sie wird auch nicht gelb, wenn sie reif ist.
Bis zu fünf Stauden der Kochbananen werden mit dem Fahrrad transportiert, das sind über 120 kg.
Wasser
Jeden Tag muss aufs Neue für Trinkwasser gesorgt werden. Häufig sieht man die Kinder mit den allgegenwärtigen gelben Kanistern auf dem Weg zu den Wasserstellen.
Schule + Ausbildung
Ein Schulgebäude in Hima, Bezirk Kasese, im Westen an der Grenze zum Kongo. Die Lehrer organisieren in Eigenregie eine Privatschule.
30% der Schüler:innen sind Bürgerkriegs- oder Aidswaisen. „Borders“ werden sie genannt. Sie bekommen kostenlosen Unterricht und können in der Schule schlafen. Alle anderen müssen Schulgebühren zahlen, sonst haben die Lehrer:innen nichts zu essen.
Wenn es zu stark regnet, lässt das Blechdach wegen der Lärmentwicklung keinen Unterricht mehr zu.
Landwirtschaft
Der Fischer am Victoria-See fängt nur noch relativ kleine Exemplare des Victoria-Barschs. Die Überfischung führt dazu, dass es keine ausgewachsenen Exemplare mehr gibt. Sieben indische Fischfabriken rund um den Victoria-See exportieren den größten Teil davon nach Europa. Sie versorgen die Fischer mit kleinmaschigen Netzen, in denen auch jüngere Fische gefangen werden. Das ist eigentlich illegal, aber trotzdem Praxis. Das erzählte mir ein Beschäftigter aus einer der indischen Fischfabriken im September 2007.
Uganda gilt wegen seiner Fruchtbarkeit als „Perle Afrikas“. Ein Zitat von Winston Churchill, englischer Premierminister und Ex-Kolonialherr Ugandas. Aber die Perle hat ein Problem mit dem Klimawandel. Und die starke Abhängigkeit vom Kaffee-Export mit seinem schwankenden Markt macht es verletzlich. Als Ausweg wird häufig empfohlen, auf andere Agrarprodukte umzusteigen. Das ist nicht so einfach, wie das Beispiel Milch zeigt:
Im April 2009 genehmigte der Ministerrat der Europäischen Union Ausfuhr-Subventionen für europäische Milchprodukte.
Diese Praxis führte bereits vorher dazu, dass die Hälfte der in Uganda produzierten Milch nicht verkauft werden konnte oder nur weit unter Wert auf dem informellen Markt landet – sie wird zum Teil vernichtet! Die europäischen Import-Produkte sind im Vergleich einfach zu billig. Siehe zwei Artikel von Tobias Schwab in der Frankfurter Rundschau:
Die Milch machts nicht – EU-Dumping-Importe – April 2009