Kulturgeschichte des Getränks

Die Verwendung von Kaffee als Getränk ist seit dem 14./15. Jahrhundert überliefert. Orientreisende lernten den Trank im arabischen Raum kennen und verbreiteten die Kunde vom „schwarzen Wasser“, das dort getrunken wurde, auch im frühen Europa.

Kaffee ist Kommunik@tion

Eine kleine Geschichte des Kaffeegenusses als kulturelle Botschaft

Das erste Kaffeehaus war wohl eine Hütte im äthiopischen Hochland. Man sagte: „Abole-Berke-Sostga – eins-zwei-drei auf die Freundschaft“. Es war und ist eine stundenlange Zeremonie mit Verwandten, Freunden, Nachbarn:  Zuerst wird der grüne Kaffee gewaschen, dann geröstet, im Mörser gemahlen und aufgegossen. Der vorläufig letzte Zeremonienmeister ist das Internet- „Café“.

Aller Kaffee der Welt stammt urprünglich aus Äthiopien. Ganz in  der Nähe des „Rift-Valley“, wo man als Urahnin der Menschheit das Skelett von „Lucy“ fand.

Das belebende Getränk soll einem Ziegenhirten zu verdanken sein, der seine Tiere nächtelang aktiv sah, nachdem sie vom Kaffeestrauch fraßen.

Kaffee diente den Sufis als Wach-Droge für die nächtelangen Tanz-Zeremonien.

Kaffee diente den Sufis als Wach-Droge für die nächtelangen Tanz-Zeremonien.

Sufistische Inspiration

Die „Hallo-Wach“-Droge hat später Sufis inspiriert, um ihre nächtelangen Tanz-Zeremonien zu begleiten. Sufis verbreiteten das Kaffeetrinken übers Rote Meer zunächst im Jemen, der 1536 von den Osmanen besetzt wurde.

Etwas weiter nördlich auf der arabischen Halbinsel, in Mekka, gab es bereits um 1500 Kaffeehäuser, die den Zorn des Gouverneurs hervorriefen, weil von hier Spottgedichte und Müßiggang ausgingen. Im osmanischen Kaffeehaus wurde alles gemacht, was in der Moschee keinen Platz hatte: Glücksspiel, Rauchen, homoerotische Kontakte, Theater, Kritik, Debatte, Konspiration. Die berühmten orientalischen Geschichtenerzähler traten hier auf und das Karagöz-Schattentheater war beliebt mit seinen prallen versteckt-kritischen Volkshelden. Es hagelte mehrfach Kaffeeverbote, womit eigentlich die Kaffeehäuser gemeint waren. Die Botschaft: Kaffee ist böse, weil in seinem Umfeld gegen die Obrigkeit mobilisiert wird.

Beduinen zerkleinern die gerösteten Bohnen im metallenen Mörser und machen dabei rhymische Musik als Einladung zum Kaffeetrinken.

Beduinen zerkleinern die gerösteten Bohnen im metallenen Mörser und machen dabei rhythmische Musik als Einladung zum Kaffeetrinken.

Beduinen machen Kaffee-Musik

Bei den nomadischen Beduinen kam die kommunikative Botschaft des Kaffees beim Mörsern der gerösteten Bohnen zur Geltung: Das rhythmische Geräusch, die „Mörsermusik“, signalisiert der Umgebung, dass man zum Kaffeeplausch ins Nachbarzelt eingeladen ist.

In Europa waren die Bohnen zunächst teuer und und dem Adel vorbehalten. Die Botschaft: „Weil wir es uns leisten können!“ Kaffee war ein elitäres Bekenntnis zum eigenen Reichtum.

Penny-Universities in London

In London gab es um 1700 ca. 3.000 zum Teil hoch spezialisierte Kaffeeschenken. Jeder Gewerbe- oder Wissenschaftszweig hatte „sein“ Coffeehouse.  König Karl der II. versucht ein Verbot und scheitert. Der Name „Penny-University“ erklärt die egalitären Zutrittsrechte – es gab keine Standesunterschiede – allerdings war den Frauen der Zutritt verwehrt. Es hieß: „Enter Sirs freely“. Die Botschaft: Hier wird nachgedacht und diskutiert – hier residiert der Fortschritt, und den bestimmen die Männer.

Paris: Ein Café – eine Revolution

Im vorrevolutionären Paris  schrieb Benjamin Franklin die „Bill of Rights“ der amerikanischen Verfassung und neben ihm hatte Voltaire seinen Schreibtisch im Pariser Café Procope – das älteste große Kaffeehaus in Paris, das heute immer noch existiert – siehe mein Foto ganz oben. Frauen hatten hier Zutritt. Vor dem Café des Fois ruft Camille Desmoulins die Bürger „Zu den Waffen“ – die französische Revolution 1789 beginnt.

Kaffeehaus-Lesestube um 1832 in Deutschland.

Kaffeehaus-Lesestube um 1832 in Deutschland

Zeitungen und Debatte

Ein Wiener Kaffeewirt soll die Zeitungsauslage eingeführt haben. Gutenbergs neue Druckkunst konnte so bald in ganz Europa muntere Kaffeehaus-Debatten entfachen. Die Gäste lasen gratis.

Schmiermittel der Industrialisierung

Zur Zeit der Industrialisierung wurde das Proletariat mit Kaffee fit gemacht für den industriellen Arbeitsalltag. Den hungernden Handwerkern half das Getränk als „Nahrungsvortäuscher“. Botschaft: Wenn du dir schon kein Essen leisten kannst, dann trink halt billige Kaffeesuppe.

Internet-Café

Dampfende Kaffeetasse: Logo der Software Java

Dampfende Kaffeetasse: Logo der Software Java

Kein Wunder, dass das ebenso kommunikative wie revolutionäre Internet natürlich im „Internet-Café“ residiert. Wie sollte man es sonst nennen? Der Hacker braucht den Koffein-Kick genauso wie der Programmierer. Die Software Java hat eine dampfende Kaffeetasse als Logo.

Eine Pause ist eben meist eine „Kaffeepause“

Das vielleicht häufigste Stichwort bei einer Google-Suche in Verbindung mit Kaffee ist „coffee-break“. Denn eine Unterbrechung auf der Arbeit oder bei einer Konferenz ist nicht einfach eine Pause, sondern eben eine Kaffeepause.

Wer sich neu kennenlernt und abends vor Haustür steht, stellt die beliebte Frage: „Kommst du noch auf einen Kaffee mit hoch?“ – Kaffee als Vorwand im Beziehungsplausch …


Caffè  Sospeso

Sospeso - Zwei bezahlen und nur einen trinken.

Sospeso – zwei bezahlen und nur einen trinken

In Neapel gibt es den wunderbaren Brauch im Caffè einen „Sospeso“ zu bestellen. Man bezahlt zwei Espressi, trinkt aber nur einen. Den zweiten spendiert man einem armen Mitmenschen, der irgendwann später danach fragt. Man spendiert ihn sozusagen der Menschheit.

Schade, dass das bei uns nicht geht. Aber man kann ja stattdessen FAIRTRADE-Kaffee kaufen. Den spendiert man dann in Gedanken einfach einem der weltweit 25 Millionen Kaffeebäuer:innen – Kommunikation global!

Sospeso erklärt (aus ARTE „Dunkle Leidenschaft“ 2003 – Luciano de Crescenzo))


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