Konsum + Trends in Deutschland

Ein kleiner Streifzug durch Konsum und Trends beim Kaffee. Mit einigen launigen Anmerkungen meinerseits.

In Kaffee-Geschichte:
Zubereitung früher
Kleinröster-Shop RUBENS in Essen-Rüttenscheid, Emmastraße. Inhaber Marcus Strelow an der Röstmaschine.

Kleinröster-Shop RUBENS in Essen-Rüttenscheid, Emmastraße. Inhaber Marcus Strelow an der Röstmaschine.

Viele neue Kleinröster mit Shops

Seit den 2000er Jahren hat sich eine vielfältige Kleinröster-Szene in Deutschland etabliert. Sie versuchen häufig direkten Handel mit Erzeuger-Kooperativen und importieren ihren Kaffee selbst.

Einige sind dem FairenHandel angeschlossen. Meist haben sie Coffee-Shops mit Ausschank. Man sollte unbedingt die verschiedenen Mischungen und auch die Einzel-Sorten aus bestimmten Regionen des weltweiten Anbaues ausprobieren.

Die kg-Preise liegen meist bei knapp 20 Euro bis hinauf zu 30 Euro. Spezialangebote aus sogenannten Micro-Lots haben mich meist nicht überzeugt, sie können noch wesentlich teurer sein. Die Micro-Lots sind Kleinmengen an Rohkaffee, die meist versteigert werden. Sie werden oft mit sogenannten SCA-Bewertungen beworben. Das ist eine Qualitäts-Klassifikation der „Specialty-Coffee-Organisation“, die dafür die Verkostungs-Kriterien aufgestellt hat.


Der gute alte Filterkaffee

Da der gute, alte Filterkaffee nach wie vor beliebt ist, hat sich die Industrie was Neues ausgedacht. Sie hat ihn  angeblich neu erfunden und der Deutsche Kaffeeverband hat das als „Neuen Trend“ kräftig unterstützt. Dafür muß man sich nur das neue Equipment kaufen. Bei „Coffee-Circle“ werden gleich 6 Methoden beworben:

Filter-Kaffeemaschine - Vorsicht bei zu langem Warmhalten!

Filter-Kaffeemaschine – Vorsicht bei zu langem Warmhalten!

  • Chemex
  • Handfilter
  • AeroPress
  • Hario Syphon
  • French Press
  • Bayreuther/Karlsbader Kanne

Die alte Dröppelmaschine brüht den Kaffee meist zu heiß und der Vorgang dauert zu lange, was zur Überextraktion führt. Besonders wenn man sehr große Filter benutzt. Ganz schlecht: Den Kaffee stundenlang auf der heißen Platte warm zu halten. Der Ph-Wert stürzt ab und man hat nur noch saure Pampe. Das wird nicht selten mit Büchsenmilch und viel Zucker ausgeglichen. Wer’s mag ….?


Viel Milch, Karamell, Sirup und mit Eis – eigentlich was aus der Milchbar

Viele  Coffee-Shop-Ketten arbeiten nach der Blaupause von Starbucks: Der Ort ist hipp und stylisch und auf alle Fälle müssen 10 Flaschen mit Aroma-Sirup im Regal stehen, um dem neusten Trend gerecht zu werden. Das Angebot wird dominiert von Milchkreationen. Ich fühle mich häufig an die Milchbars aus meiner Jugend erinnert – das waren die 60er und 70er-Jahre. Es könnte sein, dass in diesem Shops mehr Milch als Kaffee ausgeschenkt wird.


Capucchino – In der Regel viel Milch, wenig Kaffee. Wird ein starker Espresso-Shot als Grundlage verwendet und sparsam Milch verwendet ein akzeptables Getränk, wenn es ohne Barista-Hype daherkommt.

Capucchino – In der Regel viel Milch, wenig Kaffee. Wird ein starker Espresso-Shot als Grundlage verwendet und sparsam Milch verwendet ein akzeptables Getränk, wenn es ohne Barista-Hype daherkommt.

Der Barista schäumt was auf – im Coffeeshop

Der Barista gilt als der King of Coffee, dabei sind es die Kaffee-farmer:innen, die durch ihre immense Arbeit dem Kaffee das mitgeben, was bei ordentlicher Röstung aus der Bohne herausgekitzelt werden kann. Rösten und Zubereiten, das sollte man sich immer klar machen, sind nachgelagerte Techniken.


Espressokocher

Der kleine Espressokocher ist der italienische Klassiker. Allerdings wird dabei der Kaffee sehr heiß aufgebrüht. Das Wasser wird zu Dampf und sucht sich unter Druck den Weg durchs Kaffeepulver. Dabei entstehen (rein physikalisch) Temperaturen über hundert Grad Celsius, was den Kaffee eigentlich überextrahiert. Es geht aber relativ schnell, wenn der Prozeß einmal in Gang gekommen ist. Das ist ein Vorteil gegenüber dem Kaffeefilter, auf dem Wasser meist minutenlang steht.

Der Kaffee schmeckt eher bitter. Meist wird dazu Milch genommen – und/oder viel Zucker.


Krups-Vollautomat. Ein älteres Modell, das ich für meine Workshops benutze. Macht eine sehr gute Crema.

Vollautomaten und Siebträger

Wer die Elektronikläden Saturn, Mediamarkt oder Conrad betritt, stößt sofort auf einen unübersehbare Vielfalt an Kaffee-Vollautomaten. Frisch gemahlene Bohnen sind Voraussetzung für wirklich guten Kaffee, den man daraus beziehen kann. Die meisten haben heute eine ordentliche Crema. Wer Milch aufschäumen will sollte darauf achten, daß die Maschine zwei Heizkreisläufe besitzt. Damit gehen die Preise aber schon in den Bereich von tausend Euro.

Profi-Siebträger-Maschine für Shops und Restaurants.

Profi-Siebträger-Maschine für Shops und Restaurants.

Aufwendiger ist die Zubereitung mit der Einhebel-Siebträger-Maschine. Wer es gut machen will, sollte sich ganze Bohnen kaufen und braucht dazu noch eine gute Mühle. Ab Preisen von knapp 100 Euro bekommt man sowas.

Wenn ich irgendwo guten Kaffee trinken will inspiziere ich beim betreten des Lokals an der Theke erstmal die Kaffeemaschine: Gibt es einen Profi-Siebträger?

Siebträger-Maschine von DeLonghi für zu Hause.

Siebträger-Maschine von DeLonghi für zu Hause.

Ist der Kaffee im Mahlgrad nicht gut auf die Maschine abgestimmt und wird minderwertiger Kaffee benutzt, kann trotzdem alles schief gehen.

Kräftige, geschlossene Cremadecke beim Espresso. Sieht man bereits den schwarzen Kaffee darunter ist das ein Grund zur Reklamation.

Kräftige, geschlossene Cremadecke beim Espresso. Sieht man bereits den schwarzen Kaffee darunter ist das ein Grund zur Reklamation.

Vorgewärmte Tassen und eine geschlossene, kräftige Cremadecke ohne zuviel Blubberblasen ist der Mindest-Standard.

Wenn er dann noch noch schmeckt und keinen kratzigen Abgang hat, erinnert man sich noch nach einer halben Stunde an den Genuß.


Pad-Maschinen

Kaffee-Pads sind die lukrativen Einzelportionen – für die Hersteller. Nicht ganz so teuer wie Kapseln, aber dafür wird der Kaffee auch nicht mit dem nötigen Druck erzeugt. Diese Maschinen arbeiten mit ca. 2-3 bar, was für eine vernünftige Crema nicht ausreicht. Ausserdem ist die Kaffee-Qualität bei den Pads eher unterdurchschnittlich. Für die Hersteller ein Massenmarkt als Büroequipment und für Single-Haushalte. Immerhin sind die Pads kompostierbar.


Werbung für Tassimo-Kapseln und Maschine der Firma JDE-Peets (früher Jacobs)

Werbung für Tassimo-Kapseln und Maschine der Firma JDE-Peets (früher Jacobs)

Kapsel-Maschinen –
Nespresso, Tassimo & Co

Kapseln wurden in Europa durch Nespresso eingeführt und sind im Hochpreis-Segment angesiedelt. Um Nachahmerprodukte gab es einen Kapselkrieg, den NESTLÉ letztendlich verloren hat, weil Patente ausliefen. NESTLÉ hatte versucht die Methode durch 13.000 Patente abzusichern (kein Scherz).

In USA ist der Marktführer bei Kapseln die Firma KEURIG, eine Tochter des Kaffee-Imperiums der JAB-Holding, der auch JDE-Peets gehört (füher Jacobs). Kapsel-Kaffee, Instant und Kaffee-Kaltgetränke sind für die Hersteller weltweit die Trendprodukte um Gewinne einzufahren. Die Preise aufs Kilo hochgerechnet sind orbitant!

Siehe hierzu auch: Markenwahn und Premiumisierung


Instant-Kaffee

NESTLÉ ist mit seinem Nespresso der globale Marktführer, weil in vielen Ländern Asiens und Lateinamerikas nur solcher Kaffee erschwinglich ist. Er wird meist nur aus Robusta oder hohem Anteil davon hergestellt. Die Bezeichnung „100% Arabica“ auf einem Instant-Produkt nützt nichts, denn der Gesetzgeber schreibt bei Kaffee nur vor, daß 100% Kaffee drin sein muß. Arabica oder Robusta sind als Inhaltsprodukte nicht geregelt. Kein Lebensmitteluntersuchungsamt hat da ein Auge drauf. Die Marketing-Abteilung hat dabei freie Fahrt…!

Viele Instant-Produkte sind Kaffee-Mixgetränke. Ist weniger als 90% reiner Kaffee drin, ist die Kaffeesteuer wesentlich geringer. Mit Hilfe von chemischen Aufschäumhilfen wird bei Instant sogar Cappuccino oder Kaffee-Latte angeboten. Besonders kreativ ist dabei die Firma Krüger aus Mönchengladbach, deren Erzeugnisse bei jedem Discounter stehen.


Kaffee-Kaltgetränke aus dem Kühlregal

Kaffee-Kaltgetränke aus dem Kühlregal

Kaffee-Kaltgetränke (RTD)

Wer mal einen Blick ins Kühlregal wirft, der wird bemerkt haben, dass immer mehr Kaffee-Kaltgetränke angeboten werden. Entweder in der Aludose (höherwertiges feeling) oder im Plastikbecher wie Joghurt. Selbst die Firma Müller-Milch ist dabei. Starbucks, die Edelmarke illy aus Italien und alle großen Hersteller wollen von diesem Trend profitieren.

Dabei wird ein übler Mix von Kreationen und Mischungen angeboten. Unnötig zu betonen, daß solche Einzelportionen extrem verpackungs-intensiv und umweltschädlich sind. Kaffee ist dabei nur noch Aushängeschild. Man versucht damit an Energy-Drinks anzudocken und jugendliche Kundschaft zu begeistern.


Cold Brew und der neuste Hype

Wie der Name schon sagt ist Cold Brew ein Kaffee, der mit kaltem Wasser extrahiert wird, dafür über längere Zeit. Der Trick: Solchen Kaffee kann man gut über die Kühltheke im Supermarkt anbieten. Hersteller für Zapfanlagen, die bisher im Bier-und Limonadenbereich tätig waren, bieten bereits Produkte für „Cold-Brew“ an. Wer ein Bier-Zapf-Feeling im Coffeeshop braucht – bittesehr. Angeblich bietet Cold Brew unvergleichliche, neue Geschmacksnuancen, die anders nicht rauszukitzeln sind. Wer so was braucht, soll es ausprobieren, ich bin eher skeptisch.


 


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