Kaffee, Koffein und Gesundheit

Sein dunkles Image verdankt der Kaffee auch dem Koffein und seiner Herkunft aus dem Orient. „Nichts für Kinder ist der Türkentrank“ – so hieß es früher in einem verbreiteten Liedtext. Medizinische Forschung widerlegt mittlerweile irreführende Legenden, die sich sehr lange gehalten haben.

Kaffee polarisiert.

Das Pro und Contra zieht sich durch die gesamte Kaffeegeschichte. Von den einen verherrlicht, von den anderen als „wirkliches Gift“ verteufelt. 1820 wurde das Koffein wissenschaftlich als der wachmachende Stoff erkannt. Englischen Frauen galt er um 1700 als Potenzkiller, was die Herren Kaufleute in den Kaffeehäusern empört zurückwiesen. Heutzutage wird Koffein vielen Powerdrinks zugesetzt und als Wundermittel z.B. für Haarwuchs angepriesen.

Kaffee ist – entgegen seinem Image – in Wirklichkeit eher gesund!

Plakat aus den USA 50er Jahre.

Die Schrift mit dieser drastischen Warnung erschien 1845 in Hamburg. Eine Übersetzung aus dem Englischen, wo der Kampf um Kaffee und Koffein auch tobte.

Die tödliche Dosis

Koffein ist ein Alkaloid und gehört damit zur Gruppe der Rauschmittel wie z.B. Morphin oder Nikotin, allerdings hat es kein so extremes Suchtpotential. Die Wirksubstanzen der meisten Drogen sind aus dieser Stoffklasse der Alkaloide. Bei der Giftwirkung kommt es aber auf die Dosis an. In einer Kaffeetasse sind ca. 100 mg (=0,1 g) Koffein. Die tödliche Dosis (sogenannter LD50-Wert bei Ratten) liegt bei 10 g für eine erwachsene Person. Man müsste also 100 Tassen Kaffee trinken, um daran zu sterben. Ob der Schüler in der WAZ-Meldung soviel zu sich genommen hat, ist unklar.

Höchstmengen an Koffein

Bei Lebensmitteln wie Energydrinks ist ab einer Menge von 150 Milligramm Koffein pro Liter ein Warnhinweis „Erhöhter Koffeingehalt“ vorgeschrieben. Dieser Warnhinweis muss noch ergänzt werden um die Formulierung „Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“. Für sogenannte Energyshots gibt es zusätzlich eine Empfehlung, maximal eine Portion täglich zu verzehren.

Energy-Drinks

Die gesetzlichen Bestimmungen zu Energy-Drinks sind in Deutschland in der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung geregelt. Danach handelt es sich bei Energy-Drinks um koffeinhaltige Erfrischungsgetränke, die maximal 320 Milligramm Koffein pro Liter enthalten dürfen.

Energy-Drinks und Kaffee-Hipster spielen mit dem Drogen-Image von Koffein. Da wird schon mal der stärkste Kaffee der Welt beworben mit angeblich 3/4 der tödlichen Dosis. Oder reines Koffein-Pulver angeboten mit Totenkopf. Bis in die 90er Jahre galt Koffein als verbotenes Doping im Sport. Bei den Olympischen Spielen wurde ein Judoka deshalb einmal disqualifiziert.

Glatzenkiller?

Koffein wurde auch für allerlei „Health-Care“-Anwendungen beliebt. Als Haarwuchsmittel zum Beispiel – was allerdings überhaupt nicht nachgewiesen ist, trotz des scheinwissenschaftlichen Textes in der Anzeige von ALPECIN. Es gibt auch Badezusätze als Hauttonikum und Cremes.


Jetzt wirds politisch:

Kaffee, Koffein und der „gesunde Volkskörper“

„Blicken wir vom Alkohol auf andere, der Neuzeit eigentümliche Genußmittel, so ist auch auf diesem Gebiete der Kampf gegen Kaffee und Tabak fast so alt wie das Eindringen dieser beiden ,Gifte‘ in unsere europäische Kultursphäre.“

Unzählige Traktate gegen Kaffee und Koffein bemühen gar den Erhalt der Nation oder gleich des gesamten Abendlandes, das es vor dem schwarzen Sud zu retten gelte. Als besonders markantes Beispiel sei hier eine Broschüre behandelt, die ich antiquarisch im Original besitze und die beispielhaft ist. Sie enthält einen Vortrag des Arztes Dr. J. B. Cathomas aus St. Gallen und wurde 1910 veröffentlicht. Das war die Zeit, als die deutschen Kolonien begannen einigen wirtschaftlichen Ertrag abzuwerfen, nachdem man zuvor Aufstände in Deutsch-Südwest und im heutigen Tansania blutig niedergeschlagen hatte.

„… eine große Gefahr für die Gesundheit des ganzen Volkes“

Kaffeegenuss wird als auszehrend, den Körper schwächend beschrieben, er führe zu nervösen Leiden. Inbesondere die Jugend müsse rechtzeitig vor diesen Gefahren gewarnt werden. Gerade bei der ärmeren Bevölkerung werde durch Kaffee die Unterernährung begünstigt, die Blutarmut und auch die Tuberkulose. Durchgehend wird der Begriff  „Genußgifte“ benutzt. Dabei wird die Unterernährung gar nicht als Problem gesehen und woher das wohl kommt, sondern nur das Schlürfen dünner Kaffeebrühe als Nahrungsvortäuscher beklagt. Zum Schluss des Traktates wird der Herr Doktor – offensichtlich unter dem Einfluss der Afrika-Berichte – dann ganz politisch:

Kampf gegen ungeschwächte Naturvölker …

Der gewohnheitsmäßige Genuß von Kaffee bedeutet daher eine große Gefahr für den Körper des einzelnen, wie für die Gesundheit des ganzen Volkes. Gegen solche Reizmittel den Kampf zu führen, ist durchaus notwendig – in einer Zeit, in der alle Kräfte des Körpers und Geistes jedes einzelnen in dem gemeinsamen Wettbewerb der Kulturvölker untereinander und in dem langsam näherrückenden Kampfe gegen ungeschwächte Naturvölker gebraucht werden können.

Die „Naturvölker“, wie er sie nennt, kommen ungeschwächt daher, weil sie ja nicht vom Koffein völlig zerrüttet sind wie das eigene „Kulturvolk“.  Außerdem befinde man sich im Wettbewerb mit „anderen Kulturvölkern“ – 4 Jahre später begann der Erste Weltkrieg. 1910 formuliert sind diese Schlussfolgerungen am Ende der Broschüre wahrscheinlich unter dem direkten Eindruck des Herero-Aufstandes in Deutsch-Südwest-Afrika entstanden. Unter Generalleutnant von Trotha wurden die Herero in die wasserlose Omaheke-Wüste getrieben und dort dem Tod durch Verdursten preisgegeben. Generalstabschef Graf von Schlieffen pflichtete dem Vorgehen bei: „Der entbrannte Rassenkampf ist nur durch die Vernichtung einer Partei abzuschließen“, erklärte er auf die Mitteilung von Trothas, ,,daß die Nation (der Herero) als solche vernichtet werden muß“.

So wurde anhand des Kaffees bis in kleinste Lebensbereiche hinein kolonialer Rassismus gepredigt. Postkarten von damals taten ein übriges, den Traum vom großen deutschen Kolonialreich zu verbreiten. Auf dieser Postkarte einer Düsseldorfer Rösterei und Kaffee-Handlung wird ein gefesselter Afrikaner an einer Kette zum Rindertanz geführt. So konnte sich der Kaffee schlürfende hungrige Handwerker vielleicht noch etwas erhaben fühlen, weil er ja auf diesen „Schwarzen“ herabsehen konnte.

Koloniale Propaganda-Postkarte aus Deutsch-Südwest-Afrika.


Warum haben Pflanzen Koffein?

Kaffee schützt sich mit Koffein gegen Schädlinge: Bakterien, Pilze, Schneckenfraß, Insekten, Säuge­tiere. Im Kaffeeblatt ist der Koffeingehalt 20 mal höher als in der Kaffeetasse. Der Kaffeebohrer (ein Käfer) und der Kaffeerost (ein Pilz) sind gegen Koffein resistent und haben weltweit schon erhebliche Schäden an Kaffeepflanzungen verursacht.
Koffein ist auch in Tee, Kakao, Cola-Nuss, Mate, in Coca-Blättern und anderen Pflanzen enthalten.

Koffein überwindet die Blut-Hirn-Schranke und wird deshalb wirksam

Koffein überwindet die Blut-Hirn-Schranke und wird deshalb wirksam

Muntermacher und erlaubte Droge

Koffein wirkt in den üblichen Dosen (eine Tasse Kaffee: ca. 100 mg) anregend auf das Zentralnervensystem, besonders die Großhirnrinde (klarerer Gedankenfluss, Verzögerung oder Unterdrückung des Müdigkeitsgefühls), sowie auf das Atem- und Gefäßzentrum. Es überwindet die Blut-Hirn-Schranke und kann deshalb wirksam werden.

Koffein wirkt anregend auf die Herztätigkeit

Koffein wirkt anregend auf die Herztätigkeit

Es beschleunigt die Herztätigkeit. Überdosierung führt zu Unruhe, Gedankenflucht. Schweißausbrüche treten auf, Schlaflosigkeit und Muskelzittern; eine extrem hohe Dosierung führt zu Krämpfen. Eine Koffeinvergiftung tritt bei ca. 10 g ein, was dem Gehalt von 100 Tassen Kaffee entspricht – oder 30 Litern Energy-Drinks mit der erlaubten Höchstdosis.
Koffein ähnelt chemisch dem körpereigenen Botenstoff Adenosin, der uns signalisiert müde zu werden. Haben wir Koffein im Blut, ersetzt es das Adenosin und die Rezeptoren im Gehirn bekommen keine Meldung. Es wirkt also passiv wachhaltend. Durch Erhöhung des Serotonin-Pegels wirkt Kaffee stimmungsaufhellend.

Chemische Formel Koffein

Chemische Formel Koffein

Kaffee und medizinische Wirkung

Das Koffein aus Kaffee ist für die Pharmabranche ein Rohstoff z.B. für Kopfschmerz- und Migränemittel. Koffein bewirkt dabei eine verbesserte Aufnahme und Wirksamkeit des jeweiligen Arzneistoffes. Man kann deshalb die Dosis vermindern. Die „Coffein Compagnie Group“ in Bremen ist weltgrößter Entkoffeinierer. Der Prozess erfolgt unter Druck mit Wasserdampf und Kohlensäure. Das Koffein fällt dabei als weißes, kristallines Granulat an – geschätzte 1.500 t pro Jahr. Kaffee wirkt auf die DNA als Antioxidant und senkt damit das Krebsrisiko – er fängt krebsfördernde „freie Radikale“ ein.

Kaffee kann der Parkinson-Krankheit vorbeugen und hält die Diabetes und Cholesterinwirkung in Schach. Diese Wirkungen sind auf den gesamten Stoff-Mix des Kaffees zurückzuführen. 1.000 bis 2.000 Aroma­stoffe werden vermutet.
Diese Hinweise sind nicht als gesicherte Erkenntnisse mit Ratgeber-Funktion zu verstehen!

Kaffee entwässert? No Way!

Ein verbreitetes Vorurteil gegenüber Kaffee besagt, er würde den Körper entwässern. Tatsächlich ist es so, dass man nach Kaffeegenuß schnell mal auf die Toilette muss. Man hat aber festgestellt, dass man nur früher die Toilette aufsucht, aber insgesamt nicht mehr Wasser ausgeschieden wird.


Top