Gütesiegel für Kaffee – kritisch betrachtet

Gütesiegel für Kaffee – kritisch betrachtet

Auch bei Kaffee grassiert die Seuche mit bunten Gütesiegeln und Bildchen, die alles versprechen, was man sich wünschen kann. Häufig ist der Verbraucher dabei überfordert - und das ist wohl auch so gewollt. Eine Reise durch den Siegel-Dschungel.

Vertrauenswürdige Siegel


FairTrade in Ordnung

Webseite Fairtrade Deutschland

In Deutschland vergibt die Siegelorganisation TransFair e. V. das grün-blaue Fairtrade-Siegel. Auf der Verpackung abgebildet signalisiert es dem Käufer, dass das Produkt gemäß den Standards von Fairtrade International zertifiziert wurde. TransFair handelt nicht selbst mit Waren, sondern vergibt das Siegel für fair gehandelte Produkte. Deren Hersteller haben sich vertraglich verpflichtet, die Fairtrade-Standards dafür einzuhalten und dies auch kontrollieren zu lassen.

Das FairTrade Siegel ist das einzige, bei dem den Produzenten ein Mindest-Preis garantiert wird. Ausserdem ist die Organisierung in Genossenschaften Voraussetzung. Die müssen demokratische Strukturen haben, Frauen beteiligen und fördern und dürfen keine ausbeuterische Kinderarbeit zulassen.


EU + Deutschland Bio-Siegel in Ordnung

Website UTOPIA mit Bewertung des EU-Bio-Siegels

Die Seite „UTOPIA“ bewertet das EU-Bio-Siegel teils kritisch, empfiehlt aber dennoch zu Bio-Produkten zu greifen. Text UTOPIA:

„Das EU-Bio-Siegel ist eines der bekanntesten, weil am meisten verbreiteten Labels für Nahrungsmittel. Utopia zeigt, was es gewährleistet, wo es Probleme gibt und was die Alternativen sind.

Wer innerhalb der Europäischen Union seine Produkte ,bio‘, ,öko‘ oder ,aus kontrolliert biologischem Anbau‘ nennen möchte, der braucht seit dem 1. Juli 2010 verpflichtend das EU-Bio-Siegel. Es kennzeichnet Erzeugnisse oder Produkte, die aus ökologischer Landwirtschaft stammen und deren Erzeuger oder Verarbeiter die Kriterien für ökologischen Landbau einhalten, so wie sie das EU-Recht definiert. Wer noch strengere Standards einhält, kann zusätzlich weitere Bio-Labels verwenden. [… mehr auf der website – siehe unten]

Utopia-Fazit

Das EU-Bio-Siegel ist empfehlenswert – und es ist immer besser, Bio statt konventionelle Ware zu kaufen. Bio stellt einen Mindeststandard dar und gewährleistet dabei einen deutlichen Mehrwert für Umwelt, Menschen, Tiere. Es ist daher das Minimum, auf das Konsumenten achten sollten.“


Naturland Fair

NaturlandFair-website

Die GEPA und WeltPartner kooperieren mit NaturlandFair. Eigendarstellung Website Naturland:

„Naturland Fair vereint Ökologischen Landbau, Soziale Verantwortung und Fairen Handel – regional und weltweit.

Fairer Handel ist ein wichtiger Schritt zu mehr Selbstbestimmung der Erzeuger. Naturland Fair fügt diesem ökonomischen Nachhaltigkeitsaspekt die ökologische Dimension hinzu. Regional, national und international setzt sich der Öko-Verband dafür ein, dass Öko-Bauern weltweit eine Zukunft haben. Das geht nur, wenn sie von ihren Erzeugnissen leben können. Faire Preise, verlässliche Handelsbeziehungen und soziale Verantwortung legen dafür die Grundlage. Sie sind die tragenden Säulen der Naturland Fair Zertifizierung, mit der Unternehmen seit 2010 ihr Bekenntnis zu engagiertem Miteinander im wirtschaftlichen Handeln sowie in der Gesellschaft verdeutlichen.

Eine Produktvielfalt, die von Milch und Brot über Oliven und Gewürzen bis hin zu den klassischen Fair-Handelsprodukten wie Kaffee und Schokolade reicht, steht für die weltumspannende Wirkung der Naturland Fair Zertifizierung.“


WFTO – World Fairtrade Organisation in Ordnung

Zur website der WFTO

„Die WFTO (World Fair Trade Organisation) zertifiziert Unternehmen, die nach den Prinzipien des Fairen Handels arbeiten.

Diese zehn Prinzipien sind:

1. Chancen für benachteiligte Produzent:innen
2. Transparenz und Rechenschaftspflicht
3. Faire Handelspraktiken
4. Faire Bezahlung
5. Keine ausbeuterische Kinderarbeit; keine Zwangsarbeit
6. Keine Diskriminierung, Geschlechtergerechtigkeit, Versammlungsfreiheit
7. Gute Arbeitsbedingungen
8. Stärkung von Kompetenzen
9. Förderung des Fairen Handels / Bildungsarbeit
10. Schutz der Umwelt“


GEPA Fairtrade Company – Logo Fair+ in Ordnung

Stellungnahme der GEPA zum umstrittenen Mengenausgleich beim FairTrade-Siegel
GEPA-Website zum FAIR+ Programm

Eigendarstellung der GEPA zum fair+ Zeichen:

Als Pionier des Fairen Handels ist es unser Ziel, mehr zu leisten und über die allgemeinen Fair-Handelskriterien hinauszugehen. Das neue fair+ Zeichen macht zusätzlich zum GEPA-Logo unsere Einzigartigkeit deutlich. fair+ ist kein zusätzliches Siegel. 

„Persönlich, langfristig und glaubwürdig: Die GEPA handelt seit 45 Jahren zu 100% fair. Wir haben uns dabei zu Dialog, Transparenz und Respekt verpflichtet.

Die weltweite Abwärtsspirale auf der Suche nach dem billigsten Produkt möchten wir immer wieder neu durchbrechen. Denn Fairness ist der Antrieb unseres Handelns! Unser Ziel ist, mehr zu leisten und über die allgemeinen Fair-Handelskriterien hinauszugehen. Mit uns genießen Sie fair – und damit ein Stück Lebensfreude aus aller Welt!“

Die GEPA listet auf ihrer Website 18 Pluspunkte, die z.T. über die Kriterien des FairTrade-Labels hinausgehen. GEPA äußert sich kritisch über die Vereinbarung von FairTrade/Köln mit den Lebensmittel-Ketten über den sogenannten Mengenausgleich. Das bedeutet, dass nicht unbedingt überall 100% FairTrade-Anteil im Produkt sein muss.

Die GEPA ist auch FairTrade-zertifiziert, ist Gründungsmitglied der WFTO, ist BIO-zertifiziert und hat die Zertifizierung von NATURLAND und NATURLAND-FAIR.

GEPA-Seite „Qualität mit mit Brief und Siegel“


EL PUENTE – Fairtrade Pioniere in Ordnung

Website von EL PUENTE mit der ausführlichen Beschreibung

EL PUENTE schreibt: „Als 100% Fair-Händler haben wir uns den Standards des Fairen Handels von der World Fair Trade Organization (WFTO) verschrieben. [Siehe WFTO-Kriterien oben.] Darüber hinaus haben wir weitere Kriterien für unsere Arbeit im Fairen Handel entwickelt. Fairer Handel bedeutet für uns:

Faire Preise und Vorfinanzierung

Wir zahlen gerechtere, von den Produzenten kalkulierte Preise. Geltende Fairhandels-Mindestpreise stellen für El Puente das absolute Minimum dar, unsere Zahlungen gehen zumeist darüber hinaus. El Puente gewährleistet eine bis zu 100%ige, zinsfreie Vorfinanzierung. Auf diese Weise können unsere Partner unabhängig wirtschaften und nötige Investitionen tätigen, ohne von teuren Krediten abhängig zu sein.

Gute Arbeitsbedingungen

Unsere Partnerorganisationen in den Ländern des Südens arbeiten streng nach den Kriterien des Fairen Handels. So unterbinden sie zum Beispiel ausbeuterische Kinderarbeit und sorgen dafür, dass die Kinder der Produzentenfamilien die Schule besuchen können. Ebenso wird auf die Einhaltung von Arbeits- und Sozialstandards Wert gelegt, die bei weitem nicht überall auf der Welt selbstverständlich sind. Unsere Partnerorganisationen sorgen für eine erhöhte Sicherheit am Arbeitsplatz der Produzenten. Sie setzen sich für ihren Schutz, für ein angenehmes soziales Klima frei von Diskriminierung und für die Grundabsicherung der Arbeiter und ihrer Familien bezüglich Krankheit und Rente ein.“

Darüber hinaus listet El Puente folgende Punkte: Unabhängige Kontrollen, langfristige Handelspartnerschaft, nicht gewinnorientiertes Wirtschaften, Förderung sozialer Projekte, Förderung biologischer Anbau, Ausbau der Qualitätsstandards, Transparenz auf allen Ebenen, Entwicklungspolitische Bildungsarbeit, Wissen, was drin ist, Mindestanteil FairHandels-Ware in Mischprodukten mindestens 50%.

Der KaffeeGartenRuhr bezieht seinen „Hauskaffee“ aus Kolumbien über EL PUENTE.


WELT-Partner  in Ordnung

Zur Website WELT-PARTNER

WELT-PARTNER arbeitet mit NATURLAND-FAIR zusammen und orientiert sich am WFTO-Standard. Beide siehe oben.


Faire Weltläden im Weltladen Dachverband in Ordnung

Website des Weltäden-Dachverbandes mit der ausführlichen Beschreibung ihrer Regeln nach der „Konvention für Weltläden“

Die Weltläden und ihr Dachverband arbeiten nach den Vorgaben und Kriterien des WFTO-Siegels. Siehe Beschreibung und entsprechenden Link zur Webseite oben.

Schwache bis verwirrende Siegel:
Supermärkte, Discounter und Hersteller, Firmen-Siegel schwach bis verwirrend

Knackpunkt Mindestpreis

Der wesentliche Knackpunkt aller Hersteller-Siegel und Label ist der Mindestpreis, der bei allen oben besprochenen Siegeln gewährleistet ist (gilt nicht für BIO). Inklusive der FairTrade-Prämie liegt dieser grundsätzlich über dem normalen Weltmarktpreis. Ist der Weltmarktpreis so niedrig wie zur Zeit (Februar 2020 schwankt er etwas über einem Dollar), dann liegt der faire Preis sogar ca. 50% darüber.

Knackpunkt Freiwilligkeit

Alle Siegel unten sind mehr oder weniger intransparent oder sogar nur freiwillig nach dem Prinzip: „Mal sehn, ob wir uns beim konkreten Geschäft daran halten wollen“. Häufig werden einzelne Projekte in einem Erzeugerland gefördert, die in der Werbung groß herausgestellt werden. Eine flächendeckende, nachvollziehbare Verpflichtung, den Farmer:innen grundlegende (Über-)Lebensverhältnisse zu gewährleisten, besteht nicht. Der kolumbianische Kaffeeverband erklärt zur gegenwärtigen Preiskrise ausdrücklich, dass der Preis um 1 Doller herum verdoppelt werden müsste, damit er zum Überleben reicht. Warum geschieht das nicht, trotz aller vollmundigen Versprechen?

Immer nur einzelne Vorzeige-Projekte

Einer der Autoren des alternativen „Coffee-Barometer 2020“, Sjoerd Panhuysen, sagte in einem Interview dazu:

„Eine Firma mag behaupten, sie berücksichtigt Gender-Gerechtigkeit oder auch die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs der UNO), aber was bedeutet das? Häufig bezieht sich das nur auf ein einziges, kleines Projekt. Zum Beispiel: Wir machen was in Ruanda mit 40 Frauen. Aber wenn du eine Firma bist, die 10% des gesamten Rohkaffee-Handels der Welt bestreitet, dann ist so ein Projekt nicht typisch für alles, was passiert und vor allem entspricht es nicht den Möglichkeiten, die du eigentlich hast.“ (Interview mit GlobalCoffeReport, April 2021)

Das Coffee-Barometer 2020 untersucht die 10 größten Röst-Firmen und die 5 größten Rohkaffeehändler:
Download Coffee Barometer 2020 (englisch)


Die 4C-Initiative der Kaffeewirtschaft ist freiwillig schwach bis verwirrend

4C bedeutet „Common Code for the Coffee Community“. Der Wikipedia-Eintrag zum 4C-Siegel der Kaffeewirtschaft sagt eigentlich alles:

WIKIPEDIA: „Kritik wurde vor allem von Fair Trade- und Umweltorganisationen geäußert. FIAN beispielsweise trat aufgrund unzureichender Verpflichtungen bezüglich der Menschenrechte aus dem CCCC aus, und weil ,Transparenz und Kontrollmöglichkeiten durch Zivilgesellschaft und Produzenten‘ fehlten. Als Reaktion auf Kritikpunkte wurde der Ansatz durch einen Regelsatz für die Industrie ergänzt, der nicht nur die Verpflichtung für Industrie und Handel beinhaltet, steigende Mengen an 4C verifiziertem Kaffee zu kaufen, sondern auch die Kaffeebauern und -bäuerinnen mit Weiterbildung und Zugang zu optimiertem Management und Anbaupraktiken zu unterstützen.

In einem gemeinsamen Positionspapier kritisierten GEPA, WeltPartner eG, El Puente und Naturland unter anderem die fehlende Preisgarantie für Kaffeebauern, wie sie durch das Fair-Trade-Siegel garantiert wird. Auch die Freiwilligkeit des Kodex wird kritisch betrachtet. Der im 4C-Kodex enthaltene Verzicht auf verbotene Pestizide garantiere überdies noch lange keine wirklich nachhaltige Kaffeeproduktion.“

Darüberhinaus hat sich vor Jahren bereits GREENPEACE dagegen gewandt, dass sich die 4C-Initiative nicht klar gegen genveränderten Kaffee und entsprechende Forschungen ausspricht. Greenpeace trat darum aus dem Gremium aus.

Die einzelnen Label werden demnächst hier besprochen:


Rainforest + UTZ –  schwach bis verwirrend

Jacobs (JDE-Peets) gefällt sich im Wahn der hehren Versprechungen schwach bis verwirrend

Starbucks bastelt sich ’ne Extrawurst mit eigenen Labels. schwach bis verwirrend

Tchibo: Eigene Projekte + Siegelpolitik schwach bis verwirrend

Aldi, Lidl & Co mit eigenen Öko-Labeln schwach bis verwirrend

 

Gütesiegel für Kaffee – kritisch betrachtet
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